Esoterischer Quatsch oder wichtig für die eigene Psychohygiene? Selbstliebe wird oft verpönt. Ist, wenn überhaupt, doch eher ein Thema fürs Privat-, aber doch nicht fürs Berufsleben. Und abgesehen davon, betrifft das doch eh mehr Frauen. Oder?
Warum ist das eigentlich so? Denn Selbstliebe ist absolut gesund: für Körper, Seele und Geist! Und eine wichtige Eigenschaft, wenn es um Stressresistenz und Resilienz geht. Passt also beispielsweise wunderbar ins Betriebliche Gesundheitsmanagement.
Nun, schauen wir erst mal, was es nicht ist: nämlich blinder Egoismus, Egozentrik, Arroganz oder gar Narzissmus. Und es ist auch nicht zu verwechseln mit Selbstverliebtheit. Je nach Ausprägung können diese Eigenschaften nämlich tatsächlich pathologische Züge annehmen. Vor allem dann, wenn es um ein krankhaftes Wichtigtuen geht, das ungesund ist und in der Regel dazu dient, eigene Schwächen oder gar Selbsthass zu verdecken. Also das komplette Gegenteil von Selbstliebe. Doch oft setzen wir Selbstliebe mit diesen Attributen gleich, und dann bekommt sie gleich ein unangenehmes Geschmäckle.
Selbstliebe ist natürlich genau das, was das Wort besagt: Sich selbst bedingungslos und ohne Einschränkungen zu lieben. Unabhängig von Schwächen, Fehlern oder sonstigen Makeln, die jemand glaubt, zu haben. Sich anzunehmen, so wie man ist. Egal, welchen Körper man hat, welche Charaktereigenschaften und welche Fähigkeiten. Eine gesunde Selbstliebe gehört zu einem gesunden Selbstwertgefühl und ist eng verwandt mit Selbstachtung, Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen.
Dabei geht es nicht darum, sein ganzes Leben weiterhin so zu bleiben, wie man ist und sich nicht mehr zu verändern. Sondern es heißt, sich in jeder Form und Lebenslage zu lieben – oder mindestens zu mögen. Inneres Wachstum und die Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit stagnieren deshalb nicht. Dieser Prozess bleibt. Doch die Motivation ist eine andere. Es geht nicht mehr darum, sich zu verändern, weil man bestimmte Eigenschaften nicht leiden kann oder gar hasst. Sondern darum, mit Lust, Neugier und Freude sich selbst weiter zu entwickeln und zu wachsen. Unser innerer Kritiker, der uns sofort verurteilt, wenn wir nicht so sind, wie wir glauben, sein zu müssen, bleibt still.
Oft wird Selbstliebe eben mit den oben genannten Eigenschaften assoziiert. Weshalb viele Menschen eine innere Abwehr entwickelt haben. Meist liegen die Ursachen in der Kindheit. Wer Eltern hatte, die sich selbst nicht lieben konnten bzw. es auch nie gelernt haben, konnten das meistens auch nicht ihren Kindern beibringen. Oder blockierten diese Fähigkeit gar. Selbstwertschätzung wurde an ein bestimmtes Verhalten oder an eine Leistung geknüpft. Manche Eltern haben auch die Sorge, ihr Kind könnte eingebildet oder überheblich werden. Je nach Generation, insbesondere der Kriegs- und Nachkriegsgeneration, bei der es vor allem um Wiederaufbau und wirtschaftlichen Erfolg ging, hatte Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung wenig Platz. Gleiches gilt zu einem großen Teil auch immer noch in unserer heutigen Leistungsgesellschaft.
Und: Wer sich selbst liebt, sorgt für sich, achtet sich und hat Selbstvertrauen. Das ist oft nicht gewünscht. Denn solche Menschen sind schwerer steuerbar und können eine (unbewusste) Bedrohung darstellen. Sich selbst achten und gesund wie liebend mit sich umzugehen, heißt auch, seine Grenzen zu erkennen und zu respektieren. Und eben nicht jede Aufgabe zu übernehmen und auch mal Nein zu sagen. Eine eigene Meinung zu haben und sich für seine Werte und Bedürfnisse einzusetzen. Trifft genau so jemand dann auf ein Gegenüber mit einem Minderwertigkeitsgefühl, kann es entweder zur Bewunderung oder zu einer unbewussten Rivalität, ja zu Neid oder Missgunst, kommen.
Aber: Menschen, die sich selbst lieben oder dies zumindest immer mehr lernen, sind gesünder, motivierter, produktiver und teamfähiger. Unternehmen, die also die Selbst- und Sozialkompetenzen ihrer Mitarbeiter fördern, profitieren davon. Wenn Menschen lernen, sich selbst zu lieben – Männer wie Frauen –, stärken Sie ihre seelische Gesundheit und sind belastbarer. Sie fördern auch Ihre körperliche wie mentale Gesundheit. Mit einem positiven emotionalen Zustand geht eine Stärkung des Immunsystems einher. Auch arbeitet das Nervensystem ausgeglichener. Gleichzeitig werden Kreativität, Entscheidungs-, Lösungs- sowie Kommunikationsfähigkeit verbessert.
Wer sich selbst achtet, ist weniger auf die Zuwendung von anderen angewiesen. Menschen mit wachsender Selbstliebe ruhen mehr in sich, verlassen sich mehr auf sich selbst und ihre Fähigkeiten und sind dadurch stressresistenter. Sie sind weniger abhängig von anderen Menschen oder Umständen. Alltags- und Krisenzeiten werden leichter gemeistert. Ärger und Stress prallen besser ab und es fällt ihnen deutlich leichter, selbst für ihr Wohlergehen zu sorgen. Sie befinden sich seltener in der Opferrolle und erwarten weniger, dass sich ihre Mitarbeiter, Kollegen, Führungskraft, Geschäftsleitung oder Vorstand um ihr emotionales Befinden kümmern. Auch in privaten Beziehungen reduziert sich die emotionale Abhängigkeit. Auf Situationen, die sie nicht kontrollieren oder ändern können, reagieren sie gelassener. Gleichzeitig versuchen sie für sich das Beste daraus zu machen und erkennen Chancen.
Menschen, die sich selbst lieben lernen, leiden weniger unter permanenten Selbstzweifeln und sind emotional stabiler. Verletzungen und Kritik werden nicht als persönlicher Angriff gewertet und können besser akzeptiert wie geprüft werden.
Wer sich selbst schätzt, kann auch andere besser schätzen. Gerade die Wertschätzung kommt in Unternehmen oft zu kurz. Die Gründe können vielfältig sein. Manchmal ist es einfach Unbewusstheit und geht im Arbeitsalltag unter, manchmal wird Wertschätzung mit Lob verwechselt, was einen ganz anderen Effekt hat, und manchmal fällt es schwer, weil man das Gegenüber einfach nicht mag. Noch schwieriger wird es dann eben, wenn man sich selbst nicht schätzt.
Wer aber in sich ruht und mit sich im Reinen ist, kann offener und bewusster auf andere Menschen zu und mit ihnen umgehen. Hat es nicht nötig, andere anzugreifen oder gar zu verletzen, um damit eigene Schwächen zu kompensieren. Missverständnisse oder Probleme werden offener, differenzierter und sachorientierter betrachtet wie gelöst. Stärken mehr wahrgenommen und geschätzt. Schwächen besser akzeptiert.
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Gabriela Wischeropp
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