Scrum und andere Götzenbilder

Warum das wahre Problem nicht die Methode ist.

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Seit jeher sucht die Menschheit nach der einen Lösung für all ihre Probleme. Ein Rezept, das alles regelt. Eine Methode, die Chaos in Ordnung verwandelt. Ein Werkzeug, das uns unverwundbar macht. Es muss sie doch geben, die universelle Formel, die uns Kontrolle über die Welt gibt – oder doch zumindest über unsere Unternehmenswelt. Eine Illusion, an der wir klammern.

Methoden wie Scrum, Kanban oder Design Thinking versprechen Struktur, Agilität und Erfolg – und werden fast zu Götzenbildern, weil wir sie als Selbstzweck missverstehen. Aber: Die universelle Lösung, die uns Frieden und Fortschritt bringt, liegt nicht in Methoden oder Technologien – sie liegt in uns.

Der Trugschluss der perfekten Methode

Scrum ist ein Paradebeispiel für die Hoffnung auf eine universelle Antwort. Unternehmen implementieren es in der Erwartung, damit all ihre Probleme zu lösen. Doch warum bleibt der erwartete Erfolg an so vielen Stellen aus? 

Weil es ohne die grundlegenden Fähigkeiten der Menschen, wie Selbstreflexion, Veränderungsbereitschaft, gegenseitigem Vertrauen und eine Kultur der Offenheit nicht geht. Genau das, worauf Scrum oder andere Tools ja eigentlich aufbauen. Nur: Das lässt sich nicht durch eine Methode verordnen.

Wir richten unsere Energie auf äußere Strukturen, in der Hoffnung, dass sie alles richten. Und uns möglichst wenig Mühe kosten. Aber die eigentliche Arbeit findet innen statt. 

Die verzweifelte Suche nach Kontrolle

Die Sehnsucht nach der perfekten Methode ist ein Versuch, Komplexität zu kontrollieren und Sicherheit zu erlangen. Denn das Streben nach Sicherheit ist seit Anbeginn der Menschheit unser Motiv für unser Handeln. Und Kontrolle zu haben, zahlt darauf ein. Das ist der Grund für das ständige Suchen nach ultimativen Lösungen. Doch so viel wir im Außen auch erreicht haben, in unserem Inneren sind wir immer noch auf Steinzeitniveau. Wir suchen Sicherheit im Außen, statt in uns selbst.

Doch zurück zu Scrum: Was als flexibles Framework gedacht war, wird in vielen Unternehmen mittlerweile zum starren Dogma. Teams, die anders arbeiten, werden belächelt. So entstehen nicht nur unnötige Konflikte, sondern auch der Verlust von echter Zusammenarbeit, Problemlösung und effektiver Entwicklung.

Die Wahrheit ist unbequem: Keine Methode kann uns retten. Wirkliche Veränderung beginnt dort, wo es wehtut – in uns selbst. Klar ist es einfacher, ein neues Framework zu implementieren, als alte Denkweisen und emotionale Muster abzulegen. Aber genau hier liegt Fortschritt.

Das wahre Problem: Zusammenarbeit, Akzeptanz und Identifikationsprobleme

Die Gründe, warum Methoden wie Scrum scheitern, sind also keine methodischen, sondern menschliche:

  • Wenn Werte aufeinander prallen und Teams die unterschiedlichen Strategien oder Bedürfnisse der anderen nicht anerkennen.
  • Wenn Eigeninteressen überhand nehmen und einzelne Mitarbeiter oder Teams ihre eigenen Ziele auf Kosten des Gesamterfolgs verfolgen.
  • Wenn wir uns so sehr mit Methoden und Arbeitsweisen identifizieren, dass wir dafür sogar Spannungen oder Konflikte in Kauf nehmen.
  • Wenn unsere Prioritäten nicht in einer konstruktiven Zusammenarbeit, sondern in der Abgrenzung liegen.
  • Wenn Stress und Arbeitsdruck dazu führen, dass wir oft nur noch reagieren statt zu agieren und Kontrolle verlieren.
  • Wenn wir Angst vor Veränderung haben und deshalb an bekannten Werten und Vorstellungen festhalten, weil sie uns Sicherheit geben.

Wir identifizieren uns oft so sehr mit Prozessen, Methoden, Werten und Denkmustern, dass wir gar nicht mehr wissen, wer wir eigentlich sind, wenn wir davon abweichen. Haben wir doch endlich eine Antwort darauf gefunden, wie es geht. Wissen, was richtig und was falsch ist. Haben eine Richtschnur. Und trotzdem funktioniert es nicht …

Darwin und die Kunst der Anpassung

„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die sich am ehesten anpasst“, schrieb Charles Darwin. Anpassung bedeutet nicht, „neue“ Methoden einzuführen, die doch letztlich nur alter Wein in neuen Schläuchen sind. Es bedeutet, Denk- und Verhaltensmuster grundlegend zu verändern. Es bedeutet, dass wir als Menschen endlich anfangen sollten, uns mit unserem Inneren auseinanderzusetzen. Das ist kein Luxus nur fürs Privatleben. Das ist überlebensnotwendig in unserem Arbeitsleben. Damit wir die Idee von agilen Methoden wirklich leben können. Damit wir Veränderungen offen, mutig und neugierig entgegentreten. Damit wir auch teamübergreifend miteinander konstruktiv kollaborieren – unabhängig von Werten, Prozessen oder Vorstellungen.

Flexibilität, Zusammenarbeit und schnelles Lernen lassen sich nicht über Formeln implementieren. Es sind zutiefst menschliche Fähigkeiten, die innere Stärke, Vertrauen und Offenheit erfordern. Diese Qualitäten müssen entwickelt, trainiert und gelebt werden – das ist wirkliche Veränderung.

Die Lösung liegt in uns selbst

Um all diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen wir unsere emotionalen Muster kennen. Lernen uns selbst zu regulieren und innere Stabilität finden. Uns über unsere Motive und Prioritäten klar werden und selbstverantwortlich wie selbstbestimmt handeln. Andere Meinungen und Bedürfnisse nicht nur zu tolerieren, sondern als Chance für Wachstum begreifen. Unsere Identität von Meinungen, Bedürfnissen und Werten zu trennen, ohne uns zu verlieren. 

Kurz gesagt: Unser Ego von unserem wahren Selbst zu trennen. Zu pathetisch? Zu esoterisch? Zu spirituell? Vielleicht. Aber das ist der wahre Fortschritt.

Die eigentliche Aufgabe: Sich als Mensch zu entwickeln.

Die Lösung liegt darin, uns als Menschen weiterzuentwickeln. Nicht auf Regeln und Prozesse zu hoffen, sondern durch inneren Frieden, emotionale Intelligenz und die Fähigkeit, im Miteinander gemeinsame Lösungen zu finden. Es bedeutet, uns innerlich zu erweitern, um mit anderen Menschen – egal wie unterschiedlich sie sind – konstruktiv und lösungsorientiert zu arbeiten.

Unternehmen wie Individuen müssen lernen, jenseits der Methoden zu denken. Nur wenn jeder von uns bereit ist, Verantwortung für das eigene Verhalten und die Gestaltung unserer Beziehungen zu übernehmen, können wir die Herausforderungen der heutigen Welt meistern – im Beruf wie im Privatleben.

Zum Schluss noch ein kleiner Praxistipp:

Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und reflektieren Sie regelmäßig Ihr Verhalten in der Zusammenarbeit. Wo könnten Sie offener, toleranter oder flexibler werden? Setzen Sie gezielt kleine Schritte, um Empathie und Akzeptanz im Alltag zu trainieren – sei es durch aktives Zuhören, konstruktives Feedback oder den bewussten Verzicht auf Urteile. So stärken Sie die Basis für echte Zusammenarbeit.

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