Was treibt Mitarbeiter und Führungskräfte zu Höchstleistungen an? Finanzielle Interessen? Anerkennung? Sinnhaftigkeit? Wer mehr über die Motivation von Menschen wissen will, landet höchstwahrscheinlich irgendwann einmal beim amerikanischen Psychologen Abraham Maslow.
Der Begründer der Humanistischen Psychologie führte bereits 1954 den Begriff der Positiven Psychologie ein. Bekannt geworden ist er jedoch vor allem durch die von ihm entwickelte Bedürfnispyramide, die die Hierarchie menschlichen Strebens darstellt. Ursprünglich fünf entwickelte er später sechs Stufen der Motivation:
Die physiologischen Bedürfnisse, wie Nahrung, Schlafen und Wärme, sind die grundlegendsten. Erst, wenn diese weitgehendst befriedigt sind folgen die Bedürfnisse der nächsten Stufe. Teilweise können die jeweiligen Stufen jedoch ineinander übergehen und vom Lebensalter abhängen. Je nach Generation und auch mit zunehmenden Alter rücken die unteren Bedürfnisse stärker in den Vordergrund. Darüber hinaus ist das Bedürfnis nach Wertschätzung und Respekt zutiefst menschlich und unabhängig davon, auf welcher Stufe wir uns gerade befinden. Maslows Konzept ist fließend und als Modell zu verstehen. Trotzdem ist es nützlich, wenn wir uns mit Motivation beschäftigen.
Generell lässt sich sagen, dass bei einem permanenten Mangel in den unteren drei Stufen, die oberen Bereiche deutlich in den Hintergrund rücken. Zufriedenheit kann sich erst einstellen, wenn hier keine dauerhaften Defizite vorhanden sind. Von Glück sprechen die meisten Menschen jedoch erst dann, wenn sie auch in den drei oberen Stufen Erfüllung finden. Hier müssen aber verschiedene Charaktere unterschieden werden: beispielsweise die „ewig Getriebenen“, deren Bedürfnisse praktisch nie zu befriedigen sind oder die „Dankbaren“, die mit einer gewissen Demut das bereits Erreichte zu schätzen wissen. So hört ein Künstler, der seine Kreativität auslebt, nicht plötzlich auf, wenn er 20, 80 oder 200 Bilder gemalt hat. Doch während der eine rastlos ein Kunstwerk nach dem anderen erstellt, findet der andere im bloßen Tun bereits Erfüllung. Ähnlich ist dies auch in Unternehmen. Permanentes Streben nach Wachstum als Selbstzweck führt selten zu einem zufriedenen Arbeiten und konstruktivem Miteinander.
Lange Zeit galten Maslows Erkenntnisse als nicht verifiziert. Der Psychologieprofessor und Glücksforscher Ed Diener von der Universität in Illinois hat jedoch eine rund fünfjährige Untersuchung durchgeführt, in der Daten aus insgesamt 123 Ländern ausgewertet wurden. Dabei wurde deutlich, dass die Defizitbedürfnisse tatsächlich universell erfüllt sein müssen, damit überhaupt so etwas wie Glück empfunden werden kann. Um jedoch das Leben zu genießen und überwiegend angenehme Gefühle zu haben, spielen die Wachstumsbedürfnisse eine entscheidende Rolle. Und: Menschen scheinen umso glücklicher zu sein, je mehr Menschen in ihrem Umfeld ihre Bedürfnisse ebenfalls befriedigen können.
Mitarbeiter müssen ihre Grundbedürfnisse der unteren Stufen erfüllt haben, um Topleistung zu erbringen. Wenn der Lebensunterhalt nicht bestritten werden kann, unsichere Arbeitsverhältnisse vorhanden sind oder das Betriebsklima schlecht ist, steht dies einer Erfüllung der Grund- und Sicherheitsbedürfnisse entgegen und verursacht Stress – sowohl beim Mitarbeiter als auch bei der Führungskraft. Permanenter Stress ist eine Belastung für Körper und Seele. Auf Dauer wird das Immunsystem geschwächt und Krankheiten nehmen zu. Umgekehrt: Sind diese Bedürfnisse erfüllt und bewegen sich Menschen in den Wachstumsstufen, gilt es im Unternehmen diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Führungskräfte müssen sich bewusst und aktiv damit auseinandersetzen. Wenn wir von Positive Leadership und stärkenorientierter Führung sprechen, geht es genau um diese Bereiche. Übernehmen Vorgesetzte die Verantwortung, ihre Mitarbeiter entsprechend zu unterstützen, werden angenehme Emotionen erzeugt, die sich auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirken.
Motivation und die Erfüllung von Bedürfnisse sind direkt miteinander verbunden. In der Managementforschung, die die Handlungsantriebe von Menschen ergründet und welchen Einfluss diese auf die Arbeitsqualität haben, lassen sich vier Hauptmotive unterscheiden, die an der Maslowsche Bedürfnispyramide angelehnt werden können:
Dabei geht es vor allem darum, die Grund- und Sicherheitsbedürfnisse zu erfüllen: ein Dach über dem Kopf, ausreichend Essen und Trinken sowie Kleidung. Das körperliche Überleben steht im Vordergrund. Wer seine Motivation ausschließlich daraus zieht, macht oft Dienst nach Vorschrift. „Hauptsache, ich habe einen Job.“ Oder „Ich arbeite nur um Geld zu verdienen.“ sind typische Aussagen.
Wir Menschen sind soziale Wesen. Zu einer Gemeinschaft zu gehören, ist eine wichtige Antriebsfeder. Daher ist es von immenser Bedeutung, wie der soziale Zusammenhalt in Unternehmen ist und ob sich Menschen von Kollegen und Führungskräfte unterstützt fühlen. Eine enge Bindung zum Unternehmen kann hier entstehen, hängt aber in erster Linie vom Kollegenkreis ab. Wirkliche Identifikation mit dem Unternehmen findet nur begrenzt statt. Mitarbeiter sind einigermaßen engagiert, behalten sich aber gegebenenfalls vor, zu kündigen, wenn sich „etwas besseres“ bietet.
Status, Einkommen und vielleicht auch die Größe des Dienstautos sind noch entsprechende Anreize. Jedoch ist auch hier eine emotionale Bindung zum Unternehmen nicht unbedingt gegeben. Ein Wechsel zum Wettbewerber kann daher schnell stattfinden, wenn dessen Angebot besser ist.
Hier bewegen wir uns in den oberen Wachstumsbedürfnissen. Sind die unteren Bedürfnisse erfüllt, wollen Menschen sich selbst verwirklichen, ihre Fähigkeiten und Stärken einbringen. Vorgesetzte, die stärkenorientiert führen und deren Anliegen Potenzialentfaltung ist, werden Leistung und Produktivität fördern. Wenn dann noch die Mitarbeiter das Gefühl haben, wichtiger Teil eines großen Ganzen zu sein, entstehen für alle Win-Win-Lösungen. Hierzu ist es wichtig, dass im Unternehmen eine klare Vision vorhanden ist, die kommuniziert und vor allem gelebt wird. Materielle Werte haben dagegen keinen Einfluss mehr. Wer also Mitarbeiter hat, die intrinsisch motiviert sind, kann davon ausgehen, dass sie versuchen werden, immer ihr Bestes zu geben. Sie sind emotional mit dem Unternehmen verbunden und werden ihm sehr lange treu bleiben.
Alle diese Motivationen lassen sich größtenteils steuern. Wenn Sie wissen, wo Ihre Mitarbeiter stehen und Ihre Führungskräfte entsprechend geschult sind, können Menschen und Unternehmen proaktiv weiterentwickelt werden.
Schauen wir uns die Bedürfnispyramide im gesellschaftspolitischen Kontext an, so ist festzustellen, dass bei den Generationen Y und Z deutlich andere Schwerpunkte gesetzt werden als in den Generationen davor.
Während die Traditionals, Babyboomer und teilweise auch die Generation X als Kriegs- bzw. Nachkriegsgeneration genau von diesen traumatischen Ereignissen geprägt wurden und deshalb ihre Werte auf ein geregeltes Einkommen, einen sicheren Job und ein schönes Zuhause gelegt haben, ändert sich dies eindeutig bei den nachfolgenden Generationen Y und Z, also die Geburtsjahre ab 1981. Sie treten ihr Berufsleben bereits mit einem bestimmten Anspruch hinsichtlich ihrer Work-Privacy-Balance an. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und kreative Freiräume müssen vom Unternehmen von Anfang an geboten werden. Leistung und Lebensgenuss sind eng miteinander verknüpft. Die Generation Z hat darüber hinaus noch die Vision, die Welt verbessern zu wollen und bewegt sich teilweise bereits in der sechsten Stufe, der Transzendenz und Sinngebung. Beide Generationen gehen davon aus, dass die Bezahlung entsprechend ihrer Ausbildung mehr als ausreichend ist, ihre Grundbedürfnisse zu sichern, weshalb sie sich darüber kaum Gedanken machen. Hinsichtlich ihres sozialen Lebens wollen sie ihre Zeit selbstbestimmt einteilen und verzichten lieber auf einen höheren Posten, um Freunde und Familie nicht zu vernachlässigen. In Unternehmen steigen beide daher meist schon in den Wachstumsbedürfnissen ein.
Vereinfacht gesagt verändern sich die Mottos über die Generationen hinweg von „Leben, um zu arbeiten.“ über „Arbeiten, um zu leben.“ bis hin zu „Leben in der Arbeit.“. Prallen nun diese verschiedenen Generationen aufeinander, so kann es zu Konflikten kommen.
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Gabriela Wischeropp
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