Gesunde Führung und Frozen Feelings: vom Umgang mit unterdrückten Gefühlen

Unterdrückte Gefühle wirken sich auf die körperliche und mentale Gesundheit, auf Leistungsfähigkeit und Teamkultur aus

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Sie sind typisch menschlich: Frozen Feelings – unterdrückte Gefühle. Wir alle haben sie. Inwieweit diese jedoch Einfluss auf unser Leben und unsere Arbeit nehmen, hängt davon ab, wie stark sie ausgeprägt sind und wie viel Energie wir darauf verwenden, ihnen aus dem Weg zu gehen. Das ist individuell unterschiedlich. Wenn uns unterdrückte Gefühle jedoch derart beeinflussen, dass sie sich mittel- bis langfristig auf unsere Gesundheit, Motivation und Leistung auswirken, könnte es Zeit werden, sich ihnen zu stellen.

Wut, Ärger, Frustration, Angst oder Traurigkeit können solche Frozen Feelings sein. Sie kennen das sicher auch: unterdrückte Aggression beispielsweise wirkt sich auf die Lebens- und Arbeitsqualität und auf das Miteinander aus. Das kann kurzzeitig sein oder sich dauerhaft durch das ganze Leben ziehen.

Wenn wir Gefühle auf Dauer unterdrücken, geben wir ihnen mehr Macht als wir wirklich wollen. Dabei ist der Grund dafür absolut menschlich: Frozen Feelings entstehen, wenn wir fürchten oder sogar wissen, dass sie mit einem seelischen Schmerz verbunden sind, den wir nicht zulassen wollen. Meistens, weil wir glauben, nicht mit diesem umgehen zu können. Wir sorgen uns, dass uns der Schmerz sogar so stark übermannt, dass wir die Kontrolle verlieren oder handlungsunfähig werden und gar in ein tiefes emotionales Loch fallen, aus dem wir vielleicht nicht mehr herauskommen.

Aber: Was unterdrückt wird, bricht sich früher oder später seine Bahn. Entweder durch destruktive Verhaltensweisen uns selbst oder anderen gegenüber oder durch körperliche Reaktionen in Form von Krankheiten. Meist sind die Ursachen für diese verdrängten Gefühle in der eigenen Biografie zu finden.

 

Frozen Feelings in Unternehmen

Auch Unternehmen müssen sich mittlerweile mit diesen Themen auseinandersetzen, denn die Persönlichkeit wird ja nicht an der Eingangstür abgegeben. Interessant wird es vor allem dann, wenn diese Gefühle Einfluss auf die Teamkultur, die Kommunikation, die Leistungsfähigkeit und sogar die Gesundheit nehmen. Nun kann eine Führungskraft natürlich nicht von seinen Mitarbeitern verlangen, sich mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen. Denn es bleibt natürlich in der Verantwortung jedes einzelnen, sich damit zu beschäftigen. Trotzdem müssen Führungskräfte mit diesen Themen umgehen, wenn sie merken, dass Betriebsklima, Produktivität und letztlich eben auch die Gesundheit der Mitarbeiter beeinträchtigt werden.

Wir leben in einer Zeit der höchst ambitionierten Unternehmensziele, in der Strategien für Transformationen und Change Management Hochkonjunktur haben. Damit diese Prozesse gelingen, reicht es jedoch nicht, sie auf dem Reißbrett perfekt zu konstruieren, sondern sie müssen in der Praxis von Menschen umgesetzt werden. Menschen sind verantwortlich dafür, ob die Umsetzung erfolgreich ist. Und wir Menschen geraten immer mehr an unsere emotionalen Grenzen. Das liegt unter anderem daran, dass wir ein Teil der Natur sind. Auch, wenn uns das im Alltag gar nicht mehr bewusst ist, aber wir unterliegen den Naturgesetzen: So arbeiten Teile unseres Gehirns immer noch auf Steinzeitniveau. Tatsächlich hat uns die Entwicklung und die Nutzung neuer Technologien aktuell überholt. Die immense Reizüberflutung und rasante Geschwindigkeit, die damit einhergehen, überfordern uns. Wir Menschen sind dafür nicht gemacht. Das zeigt sich beispielsweise an der immer weiter wachsenden Zahl der psychischen Erkrankungen. Auch die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen nahm in den letzten Jahren stetig zu. Wir müssen erst lernen, in dieser schnelllebigen Welt mit ihren steigenden Anforderungen zurecht zu kommen, ja sogar zu überleben. Dies ist ein evolutionärer Prozess. Hinzu kommt, dass durch die ständige Beschäftigung und Leistungsbereitschaft Werte verloren gehen und Grundbedürfnisse zu kurz kommen. Das hat auch zur Folge, dass verdrängte Gefühle immer mehr an die Oberfläche schwappen.

Individuell sichtbar wird dies beispielsweise, wenn sich bereits Krankheiten zeigen. Aber schon vorher gibt es Anzeichen, die ernst zu nehmen sind: Wenn wir uns Aufgaben nicht gewachsen fühlen, plötzlich auf scheinbar harmlose Situationen emotional heftig reagieren, regelmäßig über unsere Grenzen gehen oder ständige Beschäftigung und Ablenkung suchen.

In Unternehmen zeigt es sich, wenn beispielsweise Kommunikation nicht funktioniert, unterschwellige Botschaften überhand nehmen, Gruppendynamiken die Produktivität mehr behindern als fördern, Mitarbeiter innere Widerstände aufbauen, vielleicht sogar innerlich bereits gekündigt haben und nur noch Dienst nach Vorschrift machen, die Zahl der Krankentage zu hoch ist oder die Fehlerquote steigt.

Praxistipps: So können Sie mit Frozen Feelings umgehen.

Was jeder für sich selbst tun kann:

  • Reflektieren Sie Ihr Verhalten. Wir sind alle nur Menschen und haben nicht automatisch mit unserer Berufsausbildung oder Position eine perfekt intakte Psyche mitgeliefert bekommen. Seien Sie mutig und ehrlich sich selbst gegenüber. Wenn Sie Symptome an sich wahrnehmen, wie beispielsweise Schlafstörungen, Reizbarkeit, zu hohen Konsum von Alkohol, Nikotin oder anderen Drogen, Lustlosigkeit an Dingen, die Ihnen früher Spaß gemacht haben, sich ständig ärgern oder regelmäßig ein latentes Unwohlsein haben, kann das ein Ausdruck Ihrer Frozen Feelings sein.

  • Sorgen Sie für sich: Schaffen Sie sich beispielsweise regelmäßig Pausen, um zur Ruhe zu kommen. Manchmal kann schon eine Minute höchst effektiv sein. Mehr zu Mikropausen finden Sie hier: https://gabrielawischeropp.de/mach-mal-mikropause/

  • Halten Sie inne und nehmen sie wahr, wenn ein unangenehmes Gefühl in Ihnen aufsteigt. Bewerten Sie es nicht, sondern versuchen Sie, es wertfrei anzunehmen. Das ist oft schon der erste Schritt, um es aufzulösen.

  • Entscheidend ist, ob Sie reagieren oder agieren. Das heißt, lassen Sie sich von den Emotionen zu einer Handlung verleiten? Beispielsweise indem Sie Ihren Ärger an jemanden auslassen oder lieber den Fernseher anschalten, um sich abzulenken. Oder nehmen Sie die Botschaft dieser Emotion wahr? Emotionen sind immer Informationen. Negative Emotionen treten dann auf, wenn Bedürfnisse nicht erfüllt sind. Schauen Sie sich an, warum Sie das jeweilige Gefühl haben. Fühlen Sie sich überfordert und brauchen Sie Ruhe oder eine Reduzierung der Aufgabenflut? Haben Sie das Gefühl, dass Sie nicht genügend anerkannt werden? Stehen Sie unter Druck, weil Sie Ziele erreichen wollen bzw. müssen? Je nachdem, welche Ursache vorhanden ist, können Sie proaktiv agieren. Entweder indem Sie die äußeren Rahmenbedingungen ändern oder, wenn das nicht geht, dafür sorgen, dass Sie innerlich eine andere Haltung annehmen. Das ist natürlich nicht immer ganz so leicht. Aber jeder kleine Schritt, den Sie machen ist besser als stehen zu bleiben.

Was Führungskräfte tun können:

  • Wenn Sie bemerken, dass es permanente Probleme im Team gibt, nehmen Sie sich die Zeit genau hinzuschauen. Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern. Je nach Situation in Einzelgesprächen oder im Teamgespräch.

  • Sie müssen nicht alles allein lösen. Auch, wenn von Führungskräften gern verlangt wird, dass sie auch noch Coaches Ihrer Mitarbeiter sind, so sind Theorie und Praxis nicht immer dasselbe. Holen Sie sich Unterstützung durch außenstehende Profis.  

  • Nehmen Sie Ihre Mitarbeiter emotional mit, wenn Sie Veränderungen einleiten oder Ziele realisieren wollen. Das heißt, sprechen Sie nicht nur den rationalen Verstand an, sondern auch das Herz. Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern, dass Sie sie als wertvolle Menschen und Mitarbeiter wahrnehmen. Auch hier gilt: Wenn Sie nicht wissen, wie das geht, sparen Sie nicht am verkehrten Ende. Holen Sie sich hier gegebenenfalls einen Sparringspartner von Außen, der Sie dabei unterstützt.

  • Etablieren Sie eine gesunde Feedbackkultur. Mehr dazu finden Sie hier: https://gabrielawischeropp.de/feedbackkultur-vs-ueberlebensinstinkt/
  • Eine konstruktive Fehlerkultur schafft eine emotionale Grundlage: Wenn etwas schief läuft, agieren Sie lösungsorientiert statt Vorwürfe oder Schuldzuweisungen zu machen.

  • Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied: Wenn insbesondere ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin immer wieder Unruhe in das Team bringt, setzen Sie sich mit diesem oder dieser konkret auseinander. Welches Bedürfnis könnte hinter dem Verhalten des Anderen steckt? Oder anders gefragt: Welcher Schmerz soll vielleicht verdeckt werden? Alle unsere Verhaltensweisen haben letztlich immer nur ein Ziel: entweder ein Leid zu lindern oder ein Bedürfnis zu erfüllen. Sind die Fronten jedoch dauerhaft verhärtet und stellt ein Mitarbeiter eine übermäßige Belastung dar, kann auch eine Trennung eine Lösung sein. Gesunde Führung bedeutet auch, zum richtigen Zeitpunkt einen Schlussstrich ziehen zu können.

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